Zehnzeiler

Bergkulisse & das zweitausendvierhundertzwölfte Gedicht

Blick über die Maria-Theresien-Straße auf die Nordkette

Aprilhoch

Die Berggipfel strahlen aus vielfacher Ferne,
Wenn sie trotz Aprilhochs noch schneebedeckt sind.
Im Sommer ersteigt man Erhabenheit gerne
Und ist ob der leichten Erreichbarkeit blind -
Doch das Gondelgedöns rattert bloß Blasphemie!

Klar, so groß wie die Berge, das werden wir nie -
Jedoch unerreichbar woll‘n wir sie nicht nennen!
Nach Fahrscheinkauf rauf richten wir die Antennen
Nebst den Mitgliedschaftsantrag für unsern Verein.
Im April gilt: Was abweist, ist Weis/sheit allein!

Dachgold & das zweitausendvierhundertachte Gedicht

Auf Wiedersehen

Ich habe mich in dieser Stadt hier vergessen,

Weiß nicht mehr, wie sich einstmals ein Weg von mir lief,
Muss neubeginnnah mit dem Rinnstein mich messen,
Mit jeder Berechnung lieg ich chronisch schief.

Aber hat mich nicht grade ein Wissen gestriffen?
Hab ich mich hier vorschnell als nutzlos begriffen?
Lässt sich dort ein Anhaltspunkt wiederverknüpfen?
Werd folglich ich unbeschwert alles durchhüpfen?

Nein, den Weg zu dem Glück, das mich einst hier enthemmt,
Find ich nicht mehr zurück. Und die Stadt bleibt. Mir fremd.

Startplatz 3 & das zweitausenddreihundertsechsundachtzigste Gedicht

Olympia-Regattaanlage

Body-Positivity

Sag, war der Abstand deiner Ohren
Von Anbeginn so angeboren?
Vor- wie rückwärts krumme Füße
Sind doch eines Scherzbolds Grüße?
Oder so gewachsen
An den schrägen Hacksen?
Führt denn der'n enorme Starrheit
Dich zu einer Form von Wahrheit?

Ich will es für dich hoffen!
(Ergebnis ist noch offen)

Winterrasen & das zweitausenddreihundertneunundfünfzigste Gedicht

Moosach nach dem Winter

Remembering Ciudades

Wie ein recht rüdes Sternenzelt
Funkelt rasend die zu große Stadt,
Die rastlos mit den Rüden bellt
(und bloß ein Heer von Rasern hat).

Wie hehr begründet sich ihr Ruf,
Aus dem sie sich von selbst erschuf,
Dass Blickwinkel sich fügen!

Es ist ein fensterreicher Schlund,
Der rülpst sich aus, leicht ungesund,
In adäquate Lügen.

Grünspecht & das zweitausenddreihundertachtundfünfzigste Gedicht

Grünspecht in Moosach

Die Flugbegleiter

Ich schwärme wieder aus und säe
Meine Saat in Strudelnähe.

Der Blutfluss jeder alten Wunde
Benötigt keine weit're Stunde
Sich tropfnass zu erholen.

Die nächste Runde darf beginnen -
Als Rinnsal kannst du nicht gewinnen!

Wie sehr ich mich nach Ruhe sehne,
Erzähl'n die rings verstreuten Zähne
Wie rabenschwarze Dohlen.

Zwiespalt & das zweitausenddreihundertsiebenundfünfzigste Gedicht

Moosacher Balkonstilleben

Der Schneid

Nimm dich meiner Haare an,
Mein hochgeschätzter Figaro!
Lass so viel wie möglich dran
Oder/und beschneid sie so,

Dass nichts überwältigt mein Wiedererkennen!
Von ältlichem Chaos mich gänzlich zu trennen,

Ist, was ich allen Hünen neid.
Ach, höchstgeschätzter Figaro,
Verkauf mir etwas kühnen Schneid
(denn der fehlt mir auch anderswo)!

Lopes Mendez & das zweitausenddreihundertsiebenunddreißigste Gedicht

Am Strand Lopes Mendez auf der Ilha Grande

Switch

Vielleicht einfach mal sich auf 'nen Rhythmus einlassen,
Der nicht deinem Anspruch an Takten entspricht?
Es gibt so viel, damit könnt'st du dich befassen -
Doch vielleicht tust du's einfach mal nicht!

Dass augenblicklang gar nichts drängt
Zur Schnellerledigung,
Legt Chancen frei zu neuem Schwung -
Auch wenn sich was verrenkt.

Vielleicht einmal 'nen neuen Beat als frischen Sinn verspüren?
Du weißt zwar nicht wohin, womit - doch spürst: Er kann dich führen.

Corcovado & das zweitausenddreihundertneunundzwanzigste Gedicht

Cristo Redentor (Christ the Redeemer) auf dem Corvcovado

Jesus!?

Ich hätt' den Herrn - so ohne Kreuz - beinahe nicht erkannt,
Weil man, wenn einer immer hängt, vergisst, dass er mal stand -

Scheint's auch für 'nen Erlöser so sehr viel seriöser!
Es bräuchte dafür freilich Hügel statt Wände,
Von denen am Ende man weniger fände.

Als Einwand zum Standpunkt lässt sich ja versteh'n:
Den Hänger könn'n sehr viel mehr Anhänger seh'n.

Einwand und Wände, Hang oder Stände -
Es erwählen Religionen
Die Symbole, die sich lohnen.

Pão de Açúcar & das zweitausenddreihundertvierundzwanzigste Gedicht

Blick vom Pão de Açúcar auf die Seilbahn und Copacabana

Rio d. J.

Stefan Zweig hat bezeugt, du seist "Alles-Zugleich",
Mal schamtrabend arm und dann urplötzlich reich.

Weil beiderlei Härtegrad nicht immerzu gilt,
Erschwindelt Idylle den Weg sich ins Bild.

Das Elend ist bunt und die Üppigkeit grün.
Die Bergketten retten dich ritterlich kühn.

Und alles bewegt sich zum Feiern.

Das bürstet die Sorgen aus keinem Kopf raus,
Und ständig tropft hier die Bedrohung ins Haus.

Da bin ich dann längst schon in Bayern.

Isarlibelle & das zweitausendzweihundertsechsundneunzigste Gedicht

Libelle am Isarufer bei Oberföhring

AG Hochzeit, versilbert

Dem, der über den Rücken blickt,
Bedrückt oft, dass das Ührchen tickt -
Ihr deklamiert aus toller Brust:
"Das Wandeln ist des Knüllers Lust!"
Und steht Modell für'n Bronzeguss
Vom "Ende nicht in Sicht!"-Entschluss,

Pflegt silberne Haare für goldene Jahre -
Was euch eure Hochzeit als Bestzeit bewahre!
Denn Heirat und -tat heißt: Man entspannt sich
Und sagt Ja zum Jahr als das Paar Fünfundzwanzig!

Alle Rechte bei C. von Schelling, die das Gedicht im Rahmen der Rio-Spendenaktion 2023 - eigentlich für den 8. Juni, pardon! - von mir für A & G gekauft hat.

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